katalogbuch

staatliches bauhaus in weimar 1919–1923

 

albert langen verlag, münchen, 1923

Die neue Typographie

L. Moholy-Nagy

 

Die Typographie ist ein Instrument der Mitteilung.

 

Sie muß eine klare Mitteilung in der eindringllichsten Form sein. Die Klarheit muss besonders betont werden, weil dies das Lesen unserer Schrift gegenüber den urzeitlichen Bildschriften ist. Unsere geistige Einstellung zu der Welt ist individuell-exakt (bzw. diese individuell-exakte Einstellung ist heute in der Wandlung zu der kollektiv-exakten), im Gegensatz zu der alten individuell- und später kollektiv-amorphen.

 

Also zu allererst: eindeutige Klarheit in allen typographischen Werken.

 

Die Lesbarkeit – die Mitteilung darf nie unter einer a priori angenommenen Ästhetik leiden. Die Buchstabentypen dürfen nie in eine vorbestimmte Form, z.B. Quadrat gezwängt werden. Der Druck korrespondiere mit dem Inhalt durch seine den optischen und psychischen Gesetzen untergeordnete Gestaltung. Wesen und Zweck eines Druckes bestimmen den hemmungslosen Gebrauch aller Zeilenrichtungen (also nicht nur horizontale Gliederung), aller Typen, Schriftgrade, geometrischen Formen, Farben.

 

Mit der Elastizität, Variabilität und Frische des Satzmaterials soll eine neue typographische Sprache geschaffen werden, deren Inanspruchnahme nur der Gesetzmäßigkeit des Ausdrucks und seiner Wirkung unterliegt. 

 

Das Wichtigste für die heutige Typographie ist die Verwendung der zinkographischen Techniken, die mechanische Her­stellung von photographischen Reproduktionen in allen Formaten. Was die unexakte Urbildschrift der Ägypter begonnen hat, welche damals ein jeder nach Tradition und persönlicher Fähigkeit deuten konnte, führt die Einbeziebung der Photo­graphie in das heutige Druckverfahren zu ganz exaktem Ausdruck. Bücher (meist wissenschaftliche) mit photographi­schen Reproduktionen existieren heute schon, aber die Photographien sind darin nur sekundäre Erläuterung zum Text. Die Entwicklung überwindet auch diese Phase, und die kleinen wie großen Photographien werden in den, Text an die Stelle heute noch immer individuell interpretierbarer Begriffe, Ausdrücke gesetzt. Die Objektivität der Photographie befreit den bisher rezeptiven Menschen z.B. von den Krücken einer persönlichen Beschreibung und er wird zur Formung einer eigenen Meinung mehr gezwungen sein, als je. 

 

Man könnte sagen, daß eine derartige Verwendung der Photographie in kurzer Zeit dazu führen muß, einen wesentlichen Teil der Literatur durch den Film zu ersetzen,

 

Die Entwicklung geht tatsächlich dahin (wie heute z.B. durch den Gebrauch des Telefons viel weniger Briefe geschrieben werden, als früher). Es ist kein Einwand, daß der Film einen größeren Apparat braucht. Dies ist nur scheinbar so; der Film wird bald eine ebenso geläufige Technik sein, wie jetzt der Buchdruck. 

 

Eine ebenso wesentliche Veränderung wird durch das Einbeziehen der Photographie bei dem Plakat erzielt.

 

Das Plakat muß alle psychischen Momente des sofortigen Wirkens in Anspruch nehmen. Durch die richtige Verwendung des photographi­schen Apparates und der verschiedenen photographischen Techniken: Retusche, Decken, Übereinanderkopieren, Verzer­rung, Vergrößerung usw. ist der größte Wirkungsbereich geöffnet. 

 

Die zwei neuen Möglichkeiten für das Plakat sind

 

1. die Photographie,

 

mittels welcher wir heute den größten und frappan­testen Erzählungsapparat besitzen,

 

2. die kontrastierend-eindringlich verwendete Typographie

 

mit den unzähligen Variationen der überraschenden Buchstabenanordnung, der gleichen und gemischten Typen, verschiedenen Satzmaterialien Farben usw. je nach der Forderung der Wirkung. 

1. Die Vorlehre

 

Bewerber um die Lehre im Bauhaus werden auf Grund eingereichter eigener Arbeiten nach ihrer wahrscheinlichen werklichen und formalen Beanlagung (Veranlagung) ausgewählt. Die Auswahl durch die Meister ist subjektiv und daher Irrtümern unterworfen, denn es gibt kein anthropometrisches System, das die Fähigkeit und Entwicklungsmöglichkeit des lebendig sich verändernden Individuums sicher vorausbestimmt. Schon die Beschränkung an Raum- und Arbeitsmitteln fordert aber den Entschluss zur Auswahl.

 

Die gewählten Bewerber treten zunächst in eine Vorlehre* ein, die ein halbes Jahr dauert und bereits die ganze Breite der zukünftigen Hauptlehre in ihren Anfängen umfasst. Untrennbar neben- und miteinander wird die werkliche und formale Arbeit entwickelt, mit dem Ziel, die schöpferischen Kräfte im Lernenden zu befreien, ihn die stoffliche Natur begreifen und die Grundgesetze des bildnerischen Gestaltens erkennen zu machen.

 

Jede bindende Einstellung auf irgendeine Stilbewe­gung wird bewusst vermieden. Beobachtung und Darstellung – mit der Absicht der Erkenntnis der idealen Identität von Form und Inhalt begrenzen das Arbeitsgebiet der Vorlehre.

 

Die notwendigste Aufgabe ist, die Entfesselung der Individualität, ihre Befreiung von der toten Konvention zugunsten persönlicher Erlebnisse und Erkenntnisse, die ihr das Bewusst­sein vermitteln, welche Grenzen ihrer Schaffenskraft von der Natur gesetzt sind.

 

Deshalb ist für die Vorlehre die kollektive Arbeit noch nicht wesentlich. Die subjektive Beobachtung wird neben der objektiven gepflegt, die Erforschung der abstrak­ten Gesetzmäßigkeit ebenso sehr wie die Deutung des Gegenständlichen. Die Pädagogik selbst kann dabei im höchsten Maße anregend wirken. 

 

Die Erkenntnis und richtige Einschätzung der individuellen Ausdrucksmittel soll vor allem erreicht werden. Die schöpferischen Möglichkeiten verschiedener Individualitäten sind verschieden begrenzt.

Von der Güte der Leistung in dem Halbjahr der Vorlehre und von der persönlichen Eignung hängt die Zulassung der Lehrlinge in eine Werkstatt nach eigener Wahl und damit zur Werk- und Formlehre ab.

 

* 

Die Vorlehre entwickelte sich aus dem Unterricht, den Johannes Itten bereits im Jahr 1918 in Wien gab und den er im Staatlichen Bauhaus weiterentwickelte. Hier bildete er die Voraussetzung für die Arbeiten in den Werkstätten.

2. Die Werklehre und die Formlehre

 

Die beste Lehre ist die freie Meisterlehre wie sie in früheren Jahrhunderten bestand, die keine schulmäßige Werk- und Kunsterziehung kannten. Die alten Meister besaßen gleichermaßen handwerkliches und formales Können. […] Uns bleibt nur der Weg der Synthese, d.h. der gleichzeitigen Einwirkung auf den Lehrling von zwei Seiten, von der werklichen durch technisch hervor­ragende Handwerksmeister, von der formalen durch künstlerische Persönlichkeiten. […] 

 

Das Bauhaus hat deshalb den Grundsatz aufgestellt:

 

Jeder Lehrling und Geselle lernt gleichzeitig bei zwei Meistern, je einem Meister des Handwerks und einem Meister der Formlehre. Beide stehen in enger Lehrverbindung.

 

Die Werklehre und die Formlehre bilden die Grundlage: kein Lehrling oder Geselle kann von der einen oder der anderen befreit werden.

 

Die Werklehre bildet die wichtigste Voraussetzung für eine kollektive Arbeit am Bau. Sie bekämpft bewusst den kunst­gewerblichen Dilettantismus der letzten Generationen; deshalb wird jeder Lehrling auf Grund eines Lehrbriefes der Hand­werkskammer zur Durchführung der gesetzlich befristeten Lehre verpflichtet. Die handwerkliche Lehre dient lediglich zur Schulung der Hand und des technischen Könnens; sie ist Mittel, nicht Selbstzweck. Ihr Ziel ist Vielseitigkeit in der Aus­bildung, nicht handwerkliche Eigenbrötelei. […]

 

Nach dreijähriger gründlicher Werklehre macht der Lehrling sein Gesellenstück vor freien Meistern des Handwerks und erwirbt damit den öffentlichen Gesellenbrief. Jeder Geselle am Bauhaus, der im Besitz des öffentlichen Gesellenbriefes ist, kann sich, sobald er sich dazu befähigt glaubt, zur »Bauhausgesellenprüfung« melden, deren Forderungen namentlich in Bezug auf eigenes bildnerisches Vermögen die des freien Handwerks weit übersteigen.[…] 

 

Hand in Hand mit der werklichen Ausbildung geht die geistige Schulung. In der Formlehre wird dem Lehrling an Stelle willkürlicher, individueller Formauffassungen wie in den Akademien der objektive Grundbestand der Form- und Farbele­mente und der Gesetze, denen diese unterworfen sind, übermittelt. Er erwirbt hier das geistige Rüstzeug, um seinen eige­nen Formgedanken Gestalt zu geben.

Dieses Buch wurde in einer Auflage von 2600 Exemplaren, 2000 in deutscher, 300 in englischer und 300 in russischer Sprache hergestellt.

B. Der Raum

Die Einladung war im Stil moderner Direktwerbung konzipiert, der Empfänger in diesem Fall der holländische Architekt Gerrit Rietveld.

EXKURS: EINLADUNG ZUR BAUHAUSWOCHE

INHALT

 

Walter Gropius:

Idee und Aufbau des Staatlichen Bauhauses

 

I. DIE SCHULE

 

Gertrud Grunow:

Der Aufbau der lebendigen Form durch Farbe, Form, Ton

Paul Klee:

Wege des Naturstudiums

Wassily Kandinsky:

Die Grundelemente der Form

Wassily Kandinsky:

Farbkurs und Seminar

 

Abbildungen und Farbtafeln

 

II. DER BAU

 

A. Die Werkstätten

 

L. Moholy-Nagy:

Die neue Typographie

Wassily Kandinsky: Über die abstrakte Bühnensynthese

Oskar Schlemmer

Ballett

 

B. Der Raum

 

III. FREIE UND MALERISCHE UND PLASTISCHE ARBEITEN DER MEISTER, GESELLEN UND LEHRLINGE

Lehrplan am Bauhaus Weimar

Der einen entspricht der Rhythmus als ursprüngliches Ausdrucksmittel, 

der zweiten das Helldunkel

der dritten die Farbe, 

der vierten die Materie

der fünften der Ton

der sechsten die Proportion,

der siebenten der stoffliche oder der abstrakte Raum

der achten die Beziehung des einen zum anderen, oder von beiden zu einem dritten oder vierten.

Naturstudium  |  Raumlehre  |  Farbenlehre | Konstruktionslehre  |  Kompositionslehre​

FORMLEHRE

FARBENLEHRE

II. DER BAU

A. Die Werkstätten

TISCHLEREI

​Gipsmodell einer kombinierbaren Teekanne, vier Varianten aus gleichen Einzelteilen zusammengesetzt für fabrikmäßige Massenausformung. Form und Ausführung THEODOR BOGLER. Gesellenarbeit

Ausziehbare elektrische Wandlampe mit neuer Mechanik (Eisen und Messing vernickelt). Form und Ausführung KARL JUCKER. Lehrlingsarbeit

WANDMALEREI

WANDMALEREI (Lagerraum)

​WEBEREI

WEBEREI

DRUCKEREI

BÜHNENWERKSTATT

BÜHNENWERKSTATT

BÜHNENWERKSTATT

III. Freie Arbeiten der Meister, Gesellen und Lehrlinge

HOLZBILDHAUEREI

STEINBILDHAUEREI

TISCHLEREI

HOLZBILDHAUEREI

I. DIE SCHULE

Die Lehre gliedert sich in:

Ergänzende Lehrgebiete:

 

a. Material- und Werkzeugkunde

b. Grundbegriffe von Buchführung, Preisberechnung, Vertragsabschlüsse 

Ergänzende Lehrgebiete:

 

Vorträge aus allen Gebieten der Kunst und Wissenschaft aus Vergangenheit und Gegenwart

I. Anschauung

I.

Stein

IV.

Ton

III.

Metall

II.

Holz

V.

Glas​

VI.

Farbe

METALLWERKSTATT

GLASMALEREI

TÖPFEREI

I. DIE SCHULE

 

Die Lehre gliedert sich in​

Der Gang der Ausbildung umfasst drei Abschnitte:

 

1. Die Vorlehre

 

Dauer: ein halbes Jahr. Elementarer Formunterricht in Verbindung mit Material-Übungen in der besonderen Werk­statt für die Vorlehre.

 

2. Die Werklehre

 

… unter Abschluss eines gesetzlichen Lehrbriefes und ergänzende Formlehre. Dauer: 3 Jahre. Ergebnis: Gesellenbrief der Handwerkskammer, ggf. des Bauhauses.

 

3. Die Baulehre

 

Handwerkliche Mitarbeit am Bau (auf Bauplätzen der Praxis) und freie Ausbildung im Bauen (auf dem Probierplatz des Bauhauses) für besonders befähigte Gesellen. Dauer: je nach der Leistung und nach den Umständen. Bau- und Probierplatz dienen im gegenseitigen Austausch zur Fortsetzung der Werklehre und der Formlehre. Ergebnis: Der Meisterbrief der Handwerkskammer, gegebenenfalls des Bauhauses.

Ergänzende Lehrgebiete:
 
a. Material- und Werkzeugkunde
b. Grundbegriffe von Buchführung, Preisberechnung, Vertragsabschlüsse​

Ergänzende Lehrgebiete:


Vorträge aus allen Gebieten der Kunst und Wissenschaft aus Vergangenheit und Gegenwart​

NATURSTUDIUM  RAUMLEHRE 

FARBENLEHRE KONSTRUKTIONSLEHRE  KOMPOSITIONSLEHRE

III. Freie Arbeiten der Meister, Gesellen und Lehrlinge

KATALOGBUCH

STAATLICHES BAUHAUS IN WEIMAR 1919–1923

 

ALBERT LANGEN VERLAG, MÜNCHEN, 1923

234 Seiten

GLASMALEREI

METALLWERKSTATT

TÖPFEREI

Lehrplan am Bauhaus Weimar

2. Die Werklehre und die Formlehre

 

Die beste Lehre ist die freie Meisterlehre wie sie in früheren Jahrhunderten bestand, die keine schulmäßige Werk- und Kunsterziehung kannten. Die alten Meister besaßen gleichermaßen handwerkliches und formales Können. […]

 

Uns bleibt nur der Weg der Synthese, d.h. der gleichzeitigen Einwirkung auf den Lehrling von zwei Seiten, von der werklichen durch technisch hervor­ragende Handwerksmeister, von der formalen durch künstlerische Persönlichkeiten. […] 

 

Das Bauhaus hat deshalb den Grundsatz aufgestellt:

 

Jeder Lehrling und Geselle lernt gleichzeitig bei zwei Meistern, je einem Meister des Handwerks und einem Meister der Formlehre. Beide stehen in enger Lehrverbindung.

 

Die Werklehre und die Formlehre bilden die Grundlage: kein Lehrling oder Geselle kann von der einen oder der anderen befreit werden.

Die Werklehre bildet die wichtigste Voraussetzung für eine kollektive Arbeit am Bau. Sie bekämpft bewusst den kunst­gewerblichen Dilettantismus der letzten Generationen; deshalb wird jeder Lehrling auf Grund eines Lehrbriefes der Hand­werkskammer zur Durchführung der gesetzlich befristeten Lehre verpflichtet. Die handwerkliche Lehre dient lediglich zur Schulung der Hand und des technischen Könnens; sie ist Mittel, nicht Selbstzweck. Ihr Ziel ist Vielseitigkeit in der Aus­bildung, nicht handwerkliche Eigenbrötelei. […]

 

Nach dreijähriger gründlicher Werklehre macht der Lehrling sein Gesellenstück vor freien Meistern des Handwerks und erwirbt damit den öffentlichen Gesellenbrief. Jeder Geselle am Bauhaus, der im Besitz des öffentlichen Gesellenbriefes ist, kann sich, sobald er sich dazu befähigt glaubt, zur »Bauhausgesellenprüfung« melden, deren Forderungen namentlich in Bezug auf eigenes bildnerisches Vermögen die des freien Handwerks weit übersteigen.[…] 

 

Hand in Hand mit der werklichen Ausbildung geht die geistige Schulung. In der Formlehre wird dem Lehrling an Stelle willkürlicher, individueller Formauffassungen wie in den Akademien der objektive Grundbestand der Form- und Farbele­mente und der Gesetze, denen diese unterworfen sind, übermittelt. Er erwirbt hier das geistige Rüstzeug, um seinen eige­nen Formgedanken Gestalt zu geben.

1. Werklehre

VII.

Gewebe

2. Formlehre

II. Darstellung

1.

Naturstudium

2. 

Lehre von

den Stoffen

1. 

Projektions-

lehre

2. 

Lehre der Konstruktion

 

3.

Werkszeichnen und Modellbau für alle räumlichen Gebilde

 

I. Gestaltung

1.

Raum-lehre

2.2.

2.

Farb-lehre

 

3.

Komposi-tionslehre

 

DIE NEUE TYPOGRAPHIE

L. Moholy-Nagy

 

Die Typographie ist ein Instrument der Mitteilung.

 

Sie muß eine klare Mitteilung in der eindringllichsten Form sein. Die Klarheit muss besonders betont werden, weil dies das Lesen unserer Schrift gegenüber den urzeitlichen Bildschriften ist. Unsere geistige Einstellung zu der Welt ist individuell-exakt (bzw. diese individuell-exakte Einstellung ist heute in der Wandlung zu der kollektiv-exakten), im Gegensatz zu der alten individuell- und später kollektiv-amorphen.

 

Also zu allererst: eindeutige Klarheit in allen typographischen Werken.

 

Die Lesbarkeit – die Mitteilung darf nie unter einer a priori angenommenen Ästhetik leiden. Die Buchstabentypen dürfen nie in eine vorbestimmte Form, z.B. Quadrat gezwängt werden. Der Druck korrespondiere mit dem Inhalt durch seine den optischen und psychischen Gesetzen untergeordnete Gestaltung. Wesen und Zweck eines Druckes bestimmen den hemmungslosen Gebrauch aller Zeilenrichtungen (also nicht nur horizontale Gliederung), aller Typen, Schriftgrade, geometrischen Formen, Farben.

 

Mit der Elastizität, Variabilität und Frische des Satzmaterials soll eine neue typographische Sprache geschaffen werden, deren Inanspruchnahme nur der Gesetzmäßigkeit des Ausdrucks und seiner Wirkung unterliegt. 

 

Das Wichtigste für die heutige Typographie ist die Verwendung der zinkographischen Techniken, die mechanische Her­stellung von photographischen Reproduktionen in allen Formaten. Was die unexakte Urbildschrift der Ägypter begonnen hat, welche damals ein jeder nach Tradition und persönlicher Fähigkeit deuten konnte, führt die Einbeziebung der Photo­graphie in das heutige Druckverfahren zu ganz exaktem Ausdruck. Bücher (meist wissenschaftliche) mit photographi­schen Reproduktionen existieren heute schon, aber die Photographien sind darin nur sekundäre Erläuterung zum Text. Die Entwicklung überwindet auch diese Phase, und die kleinen wie großen Photographien werden in den Text, an die Stelle heute noch immer individuell interpretierbarer Begriffe, Ausdrücke gesetzt. Die Objektivität der Photographie befreit den bisher rezeptiven Menschen z.B. von den Krücken einer persönlichen Beschreibung und er wird zur Formung einer eigenen Meinung mehr gezwungen sein, als je. 

 

Man könnte sagen, daß eine derartige Verwendung der Photographie in kurzer Zeit dazu führen muß, einen wesentlichen Teil der Literatur durch den Film zu ersetzen,

 

Die Entwicklung geht tatsächlich dahin (wie heute z.B. durch den Gebrauch des Telefons viel weniger Briefe geschrieben werden, als früher). Es ist kein Einwand, daß der Film einen größeren Apparat braucht. Dies ist nur scheinbar so; der Film wird bald eine ebenso geläufige Technik sein, wie jetzt der Buchdruck. 

 

Eine ebenso wesentliche Veränderung wird durch das Einbeziehen der Photographie bei dem Plakat erzielt.

 

Das Plakat muß alle psychischen Momente des sofortigen Wirkens in Anspruch nehmen. Durch die richtige Verwendung des photographi­schen Apparates und der verschiedenen photographischen Techniken: Retusche, Decken, Übereinanderkopieren, Verzer­rung, Vergrößerung usw. ist der größte Wirkungsbereich geöffnet. 

 

Die zwei neuen Möglichkeiten für das Plakat sind

 

1. die Photographie,

 

mittels welcher wir heute den größten und frappan­testen Erzählungsapparat besitzen,

 

2. die kontrastierend-eindringlich verwendete Typographie

 

mit den unzähligen Variationen der überraschenden Buchstabenanordnung, der gleichen und gemischten Typen, verschiedenen Satzmaterialien Farben usw. je nach der Forderung der Wirkung.

I.

Stein

II. 

Holz

III. 

Metall

VII.

Gewebe

VI.

Farbe

V.

Glas

IV.

Ton

1. Werklehre

2. Formlehre

II. Darstellung

III. Gestaltung

1.

Natur-studium

2.

Lehre von den Stoffen

I. Anschauung

1.

Raumlehre

2.

Farblehre

3. 

Kompositionslehre

1.

Projektions-lehre

2.

Lehre von der Konstruktion

3. 

Werkszeichnen und Modellbau für alle räumlichen Gebilde

Der Gang der Ausbildung umfasst drei Abschnitte:

 

1. Die Vorlehre

 

Dauer: ein halbes Jahr. Elementarer Formunterricht in Verbindung mit Material-Übungen in der besonderen Werk­statt für die Vorlehre.

 

2. Die Werklehre

 

… unter Abschluss eines gesetzlichen Lehrbriefes und ergänzende Formlehre. Dauer: 3 Jahre. Ergebnis: Gesellenbrief der Handwerkskammer, ggf. des Bauhauses.

 

3. Die Baulehre

 

Handwerkliche Mitarbeit am Bau (auf Bauplätzen der Praxis) und freie Ausbildung im Bauen (auf dem Probierplatz des Bauhauses) für besonders befähigte Gesellen. Dauer: je nach der Leistung und nach den Umständen. Bau- und Probierplatz dienen im gegenseitigen Austausch zur Fortsetzung der Werklehre und der Formlehre. Ergebnis: Der Meisterbrief der Handwerkskammer, gegebenenfalls des Bauhauses.

1. Die Vorlehre

 

Bewerber um die Lehre im Bauhaus werden auf Grund eingereichter eigener Arbeiten nach ihrer wahrscheinlichen werklichen und formalen Beanlagung (Veranlagung) ausgewählt. Die Auswahl durch die Meister ist subjektiv und daher Irrtümern unterworfen, denn es gibt kein anthropometrisches System, das die Fähigkeit und Entwicklungsmöglichkeit des lebendig sich verändernden Individuums sicher vorausbestimmt. Schon die Beschränkung an Raum- und Arbeitsmitteln fordert aber den Entschluss zur Auswahl.

 

Die gewählten Bewerber treten zunächst in eine Vorlehre* ein, die ein halbes Jahr dauert und bereits die ganze Breite der zukünftigen Hauptlehre in ihren Anfängen umfasst. Untrennbar neben- und miteinander wird die werkliche und formale Arbeit entwickelt, mit dem Ziel, die schöpferischen Kräfte im Lernenden zu befreien, ihn die stoffliche Natur begreifen und die Grundgesetze des bildnerischen Gestaltens erkennen zu machen.

 

Jede bindende Einstellung auf irgendeine Stilbewe­gung wird bewusst vermieden. 

 

Beobachtung und Darstellung – mit der Absicht der Erkenntnis der idealen Identität von Form und Inhalt begrenzen das Arbeitsgebiet der Vorlehre.

 

Die notwendigste Aufgabe ist, die Entfesselung der Individualität, ihre Befreiung von der toten Konvention zugunsten persönlicher Erlebnisse und Erkenntnisse, die ihr das Bewusst­sein vermitteln, welche Grenzen ihrer Schaffenskraft von der Natur gesetzt sind.

 

Deshalb ist für die Vorlehre die kollektive Arbeit noch nicht wesentlich. Die subjektive Beobachtung wird neben der objektiven gepflegt, die Erforschung der abstrak­ten Gesetzmäßigkeit ebenso sehr wie die Deutung des Gegenständlichen. Die Pädagogik selbst kann dabei im höchsten Maße anregend wirken. 

 

Die Erkenntnis und richtige Einschätzung der individuellen Ausdrucksmittel soll vor allem erreicht werden. Die schöpferischen Möglichkeiten verschiedener Individualitäten sind verschieden begrenzt.