bauhaus: zeitschrift für gestaltung 4

1928​

 

herausgeber:

hannes meyer

schriftleitung:

ernst kállai

36 seiten

inhalt

 
bescheidene malerei von ernst kállai

gestaltung? von naum gabo

probleme um die lichtreklame von hugo häring

internationaler kongress für neues bauen

reihenhausprojekt für tel aviv von ph. tolziner, bauhaus

entwurf zu einer siedlungsschule von ernst göhl, bauhaus

bauen von hannes meyer

möbel aus holz oder metall oder ?? von gustav hassenpflug

ein beliebter vorwurf gegen das bauhaus von ernst kállai

interview mit bauhäuslern, teil 2

über herwarth walden

kunst und sport

Frühstückspause. Foto: Lotte Burckhardt
bauhaus zeitschrift 4-1928 Titel
bauhaus zeitschrift 4-1928 Rückseite

wir wollen keine kunstzeitschrift


sein mit feierlichen aufsätzen, schon bei der geburt reif zum langsamen, aber sicheren tod in würdevollen bibliotheken und vornehmen büchersalons. wir wollen ihnen ein geistiges sportgerät in die hände geben, wir wollen das bauen und gestalten unserer zeit mit festem griff anfassen, an fundamenten, konstruktionen und formen rütteln - nicht zart, nicht taktvoll - hart und schonungslos, auch wenn es objekte unserer größten ehrerbietung sind. was echt ist, wird solchem draufgehen standhalten, was falsch ist, muß sich einem befreienden lachen preisgeben: gottlob, wieder eine attrappe er­ledigt! und wenn wir in unserer unbekümmert­heit ab und zu daneben hauen - wir laden gern den zorn aller geistesbonzen über uns. der sinn des bauhauses und seiner zeitschrift ist: jung zu sein, frisch zu wagen und allen muckern zum trotz: einem fröhlicheren werk unbeschwerter kommender zeiten vorzuarbei­ten. da stehen bau und bild, zweckform und kunstform bunt gewürfelt in einer reihe; praxis und theorie, schaffen und kritik, eigenes und verwandtes oder gegnerisches lassen leben­dige kräfte spielen.​

solche forderungen sind die ausschließlichen motive des wohnungsbaues. wir untersuchen den ablauf des tageslebens jedes hausbewohners, und dieses ergibt das funktionsdiagramm für vater, mutter, kind, kleinkind und mitmenschen. wir erforschen die beziehungen des hauses und seiner insassen zum fremden: postbote, passant, besucher, nachbar, einbrecher, kaminfeger, wäscherin, polizist, arzt, aufwartefrau, spiel­kamerad, gaseinzüger, handwerker, krankenpfleger, bote. wir erforschen die menschlichen und die tierischen beziehungen zum garten, und die wechselwirkungen zwischen menschen, haustieren und haus­insekten. wir ermitteln die jahresschwankungen der bodentemperatur, und wir berechnen danach den wärmeverlust der fußböden und die tiefe der fundamentsohlen. [...] 

bauen

hannes meyer​

auf der suche nach dem standard.

 

die stühle gehören zu einer neuen versuchsreiche der bauhaus-tischlerei. sie sind auf der ausstellung »der stuhl« in stuttgart ausgestellt.​

alle dinge dieser welt sind ein produkt der formel: (funktion mal ökonomie)

alle diese dinge sind daher keine kunstwerke: alle kunst ist komposition und mithin zweckwidrig. alles leben ist funktion und daher unkünstlerisch.

 

die idee der „komposition eines seehafens" scheint zwerchfellerschütternd! 

jedoch wie ersteht der entwurf eines stadtplanes? oder eines wohn planes? komposition oder funktion? kunst oder leben? ? ? ? ? 

 

bauen ist ein biologischer vorgang.

 

bauen ist kein aesthetischer prozeß. elementar gestaltet wird das neue wohn­haus nicht nur eine wohnmaschinerie, sondern ein biologischer apparat für seelische und körperliche bedürfnisse. 

teil 2 der interviews (fortsetzung zeitschrift 2-3.1928)

 

 

max bill

 

bevor ich ans bauhaus kam, habe ich in zürich an der kunst­gewerbeschule gearbeitet, war aber unbefriedigt.

 

am bauhaus wollte ich zunächst architektur studieren, denn

 

corbusier hatte mir den kopf verdreht.

 

mein eindruck vom bauhaus war nicht der, den ich erwartet halle, ich war etwas enttäuscht, aber nach und nach fand ich doch, was mich eigentlich hergezogen hatte: klarheit.

 

eine neue lebensanschauung habe ich nicht bekommen, ich habe meine alte in immer stärkerem maße bestätigt gefunden:

 

alles was kreucht und fleucht, ist auf weitsichtigem egois­mus aufgebaut.

 

aus dieser einsieht heraus ist die höchste forderung für den menschen in sozialer hinsieht: die persönliche freiheit (gesell: fysiokratie durch freiland und freigeld).

 

deshalb ist die technik so wesentlich. die technik sollte den menschen befreien, aber durch das kapitalistische system hat sie ihn noch mehr geknechtet.

 

vielleicht, wenn die persönliche freiheit einst da sein wird, wird jedermann sein eigener künstler sein, es wird bessere und schlechtere geben (wie heute), solche, die nur kunst machen, und solche, die für sich kunst erleben.

 

das bauhaus zu verlassen hat keinen wert, solange es draußen so aussieht, wie es eben heute ist.

 

ich fasse das bauhaus größer, als es in wirklichkeit ist: picasso, jacobi, chaplin, eiffel, freud, strawinski, edison usw. gehören eigentlich auch zum bauhaus.

 

bauhaus ist eine geistige, fortschrittliche richtung, eine gesinnung, die man religion nennen könnte.

Wera Weyer-Waldeck: Teetisch, Lehrlingsarbeit

rasier- und toilettenspiegel

 

ME 154 a ges. gesch.

 

mit eingebauter elektrischer glühlampe – die lichtquelle bleibt unsichtbar, durch die wirkung des reflektors wird die beleuchtung des gesichtes gleichmäßig und schattenfrei.

 

entwurf: marianne brandt und w. zimmermann, metallwerkstatt hersteller: schwintzer und gräff, berlin

junge menschen kommt ans bauhaus!

ein beliebter vorwurf gegen das bauhaus

 

und seine zeitschrift: wir treiben zu viel welt­anschauung, wir vermischen gestaltung mit fragen der gesellschaft und philosophie usw. hoffentlich ist das vorliegende heft geeignet, diesen vorwurf recht nachdrücklich zu bestätigen. wir wollen und werden uns auch weiterhin gedanken machen über das soziale wieso und wofür der bauhaus-arbeit. das bauhaus kann sich keineswegs mit der ver­mittlung von baustofflichen, bautechnischen und son­stigen bauwerklichen kenntnissen zufrieden geben, so selbstverständlich dieser werkunterricht (auch für die übrigen werkstätten) im vordergrund der bauhaus-arbeit zu stehen hat. 

 

die bauhaus-arbeit muß einen geistigen orientierungspunkt haben, sonst erzieht sie lediglich fachsimpel, die für alles andere außer ihrem engsten spezialkreis ignoranten bleiben. ein mangel an weitgespannter geistiger orientierung bedeutet soziale und menschliche desorientierung. das ist der trübe zustand, in dem unsere zeit sich befindet, zur größten zufriedenheit der gewalten, die in solcher trübe ungestört ge­deihen können.

 

die vorwürfe wegen der weltanschaulichen gepflogenheiten des bauhauses kommen von einer seite, wo man alle gesichtskreise möglichst einschränken möchte, besonders wenn diese gesichtskreise zu menschen gehören, die mit werkstätten und betrieben zu tun haben. man will eben aus bekannten gründen nur spezialisierte arbeitsautomaten haben, keineswegs menschen mit offenem und kritischem geist. für den geist sind andere fachkreise da: die staatlich appro­bierten philosophieprofessoren, die kirchen und die familienblätter.

 

das bauhaus aber muss eine pflegestätte sein, nicht nur der werkarbeit, sondern auch des geistes, der sich weder auf das wohnen, noch auf sonstige, tausendmal gemeinnützige dinge beschränken lässt. dass wir unter geist nicht das kauwerk philiströser stubenhocker und auch nicht den nervenreiz über­sättigter allerweltsnobs verstehen, dürfte aus allen lebensäußerungen des bauhauses genügend hervor­gehen. aber auch das kann unmöglich unser letztes ziel sein, einer unternehmungslustigen industrie folgsame handlanger zu liefern. Wir müssen uns immer darüber klar sein, was von den mate­riellen notwendigkeiten unserer zeit lediglich als notwendiges übel zu betrachten ist, sonst wird unsere praktische betriebsamkeit zum selbstzweck. es wäre ein übel, nicht minder verwerflich wie der faulste kunstakademismus.

 

ernst kállai

alexander schawinsky

 

24, neuntes semester, arbeitet wie alle krachmacher an der bühne.

 

gearbeitet habe ich vorher eigentlich nur auf dem fußball­platz. da war es ernst. ein jahr lang in berlin und dann ans bauhaus, weil ich die nase voll hatte. ein tennistrainer hatte mich schon ein jahr vorher auf die existenz des bauhauses aufmerksam gemacht. ich danke ihnen, harald petersen.

 

sobald ich das gebäude betreten hatte, wurde ich von einem kleinen kerl mit einem ebenso großen kopf und blauen augen (wie sich später herausstellte: molnar ) gefragt: du, sag mal, bist du ein italiener? ... dann richtete ich eine ähnliche frage an hartogh, der taub ist, was ich nicht wußte, und er wies mich an seinen freund brendel, der mich wiederum mit konstant hin- und herzitternden pupillen musterte. der nächste, den ich kennen lernte, machte mich sofort auf seinen heiligsten wahlspruch aufmerksam: man klaut noch viel zu wenig! ... die vibrierenden hände von jupp albers eröffneten mir das verständnis für die „materie", wobei mir das erste licht meines lebens aufging ... ich besuchte gropius und dann klee ... all diese ersten eindrücke be­schäftigten mich sehr.

 

ich lernte das metaphysische kennen, zugleich seine pa­rodisierung. anfänglich verstand ich von den theorien der meister nur wenig, aber nach und nach offenbarten sie mir das abc einer „höheren ordnung". trockene formeln wurden dadurch zu harmonien.

 

lebensgestaltung? ... ich glaube, daß das leben viel zu lebendig ist, als daß man es gestalten könnte. das leben am bauhaus hat mich in meiner meinung bestärkt, daß man sehr auf die improvisation angewiesen ist.

 

von „kunst" und „gestaltung" verstehe ich noch immer nichts, könnte höchstens zur persönlichen stellungnahme zu diesen begriffen mit einigen dutzend anderer schlagwörter dienen. jedoch bin ich davon überzeugt, daß die meisten in ihrer arbeit ihr möglichstes tun. der eine kann es besser, der andere weniger gut ... das ist ein naturgesetz, älter als kunst im herkömmlichen und gestaltung im modernen sinn.

Beitrag Wir wollen keine Kunstzeitschrift sein

junge menschen!

 

was sucht ihr an den kunstakademien?

kommt ans bauhaus!

 

das bauhaus, hochschule für gestaltung in dessau, leitung hannes meyer, beginnt sein wintersemester am 30. oktober(1928).

 

lehrgänge:

gestaltungslehre, werkstattlehre, architektur, reklame und druckerei, bühne. tischlerei, weberei, wandmalerei, metallwerkstatt, freie malerische und plastische gestaltung.

 

lehrkräfte:

1. feininger, w. kandinsky, p. klee, hannes meyer, o. schlemm er, j. albers, h. scheper, j. schmidt, gunta stölzl, h. wittwer, m. stam, zwei ingenieure, drei dozenten im nebenamt, zwei dozenten für sport.

 

zugelassen sind:

auch ausgebildete handwerker, techniker und architekten.

aufnahmegebühr 10.- rm.

1. und 2. semester je 60.- rm.

 

nähere bedingungen

durch das bauhaus-sekretariat, dessau.

bauhaus zeitschrift 4-1928 Titelfoto Lotte (Stam-) Beese

wir wollen keine kunstzeitschrift


sein mit feierlichen aufsätzen, schon bei der geburt reif zum langsamen, aber sicheren tod in würdevollen bibliotheken und vornehmen büchersalons. wir wollen ihnen ein geistiges sportgerät in die hände geben, wir wollen das bauen und gestalten unserer zeit mit festem griff anfassen, an fundamenten, konstruktionen und formen rütteln - nicht zart, nicht taktvoll - hart und schonungslos, auch wenn es objekte unserer größten ehrerbietung sind. was echt ist, wird solchem draufgehen standhalten, was falsch ist, muß sich einem befreienden lachen preisgeben: gottlob, wieder eine attrappe er­ledigt! und wenn wir in unserer unbekümmert­heit ab und zu daneben hauen - wir laden gern den zorn aller geistesbonzen über uns. der sinn des bauhauses und seiner zeitschrift ist: jung zu sein, frisch zu wagen und allen muckern zum trotz: einem fröhlicheren werk unbeschwerter kommender zeiten vorzuarbei­ten. da stehen bau und bild, zweckform und kunstform bunt gewürfelt in einer reihe; praxis und theorie, schaffen und kritik, eigenes und verwandtes oder gegnerisches lassen leben­dige kräfte spielen.​

alle dinge dieser welt sind ein produkt der formel:

(funktion mal ökonomie)

 

alle diese dinge sind daher keine kunstwerke: alle kunst ist komposition und mithin zweckwidrig. alles leben ist funktion und daher unkünstlerisch.

 

die idee der »komposition eines seehafens« scheint zwerchfellerschütternd!

 

jedoch wie ersteht der entwurf eines stadtplanes? oder eines wohnplanes? komposition oder funktion? kunst oder leben??? 

 

bauen ist ein biologischer vorgang.

 

bauen ist kein aesthetischer prozeß. elementar gestaltet wird das neue wohn­haus nicht nur eine wohnmaschinerie, sondern ein biologischer apparat für seelische und körperliche bedürfnisse.

ein beliebter vorwurf gegen das bauhaus

 

und seine zeitschrift: wir treiben zu viel welt­anschauung, wir vermischen gestaltung mit fragen der gesellschaft und philosophie usw. hoffentlich ist das vorliegende heft geeignet, diesen vorwurf recht nachdrücklich zu bestätigen.

 

wir wollen und werden uns auch weiterhin gedanken machen über das soziale wieso und wofür der bauhaus-arbeit. das bauhaus kann sich keineswegs mit der ver­mittlung von baustofflichen, bautechnischen und son­stigen bauwerklichen kenntnissen zufrieden geben, so selbstverständlich dieser werkunterricht (auch für die übrigen werkstätten) im vordergrund der bauhaus-arbeit zu stehen hat. 

 

die bauhaus-arbeit muss einen geistigen orientierungspunkt haben, sonst erzieht sie lediglich fachsimpel, die für alles andere außer ihrem engsten spezialkreis ignoranten bleiben. ein mangel an weitgespannter geistiger orientierung bedeutet soziale und menschliche desorientierung. das ist der trübe zustand, in dem unsere zeit sich befindet, zur größten zufriedenheit der gewalten, die in solcher trübe ungestört ge­deihen können.

 

die vorwürfe wegen der weltanschaulichen gepflogenheiten des bauhauses kommen von einer seite, wo man alle gesichtskreise möglichst einschränken möchte, besonders wenn diese gesichtskreise zu menschen gehören, die mit werkstätten und betrieben zu tun haben. man will eben aus bekannten gründen nur spezialisierte arbeitsautomaten haben, keineswegs menschen mit offenem und kritischem geist. für den geist sind andere fachkreise da: die staatlich appro­bierten philosophieprofessoren, die kirchen und die familienblätter.

 

das bauhaus aber muss eine pflegestätte sein, nicht nur der werkarbeit, sondern auch des geistes, der sich weder auf das wohnen, noch auf sonstige, tausendmal gemeinnützige dinge beschränken lässt. dass wir unter geist nicht das kauwerk philiströser stubenhocker und auch nicht den nervenreiz über­sättigter allerweltsnobs verstehen, dürfte aus allen lebensäußerungen des bauhauses genügend hervor­gehen. aber auch das kann unmöglich unser letztes ziel sein, einer unternehmungslustigen industrie folgsame handlanger zu liefern. Wir müssen uns immer darüber klar sein, was von den mate­riellen notwendigkeiten unserer zeit lediglich als notwendiges übel zu betrachten ist, sonst wird unsere praktische betriebsamkeit zum selbstzweck. es wäre ein übel, nicht minder verwerflich wie der faulste kunstakademismus.

 

ernst kállai

teil 2 der interviews (fortsetzung zeitschrift 2-3.1928)

 

max bill

 

bevor ich ans bauhaus kam, habe ich in zürich an der kunst­gewerbeschule gearbeitet, war aber unbefriedigt.

 

am bauhaus wollte ich zunächst architektur studieren, denn

 

corbusier hatte mir den kopf verdreht.

 

mein eindruck vom bauhaus war nicht der, den ich erwartet halle, ich war etwas enttäuscht, aber nach und nach fand ich doch, was mich eigentlich hergezogen hatte: klarheit.

 

eine neue lebensanschauung habe ich nicht bekommen, ich habe meine alte in immer stärkerem maße bestätigt gefunden:

 

alles was kreucht und fleucht, ist auf weitsichtigem egois­mus aufgebaut.

 

aus dieser einsieht heraus ist die höchste forderung für den menschen in sozialer hinsieht: die persönliche freiheit (gesell: fysiokratie durch freiland und freigeld).

 

deshalb ist die technik so wesentlich. die technik sollte den menschen befreien, aber durch das kapitalistische system hat sie ihn noch mehr geknechtet.

 

vielleicht, wenn die persönliche freiheit einst da sein wird, wird jedermann sein eigener künstler sein, es wird bessere und schlechtere geben (wie heute), solche, die nur kunst machen, und solche, die für sich kunst erleben.

 

das bauhaus zu verlassen hat keinen wert, solange es draußen so aussieht, wie es eben heute ist.

 

ich fasse das bauhaus größer, als es in wirklichkeit ist: picasso, jacobi, chaplin, eiffel, freud, strawinski, edison usw. gehören eigentlich auch zum bauhaus.

 

bauhaus ist eine geistige, fortschrittliche richtung, eine gesinnung, die man religion nennen könnte.

inhalt

 
bescheidene malerei 

von ernst kállai

gestaltung? 

von naum gabo

probleme um die lichtreklame 

von hugo häring

int. kongress für neues bauen

reihenhausprojekt für tel aviv 

von ph. tolziner, bauhaus

entwurf zu einer siedlungsschule von ernst göhl, bauhaus

bauen von hannes meyer

möbel aus holz oder metall oder ?? von gustav hassenpflug

ein beliebter vorwurf gegen das bauhaus von ernst kállai

interview mit bauhäuslern, teil 2

über herwarth walden

kunst und sport

diese bauelemente organisieren wir nach ökonomischen grundsätzen zu einer konstruktiven einheit. so erstehen selbsttätig und vom leben bedingt die einzelform, der gebäudekörper, die materialfarbe und die oberflächenstruktur.

 

(gemütlichkeit und repräsentation sind keine leitmotive des wohnungsbaues. 

die erste hängt am menschenherzen und nicht an der zimmerwand ... die zweite prägt die haltung des gastgebers und nicht sein perserteppich!) 

 

architektur als »affektleistung des künstlers« ist ohne daseinsberechtigung. 

architektur als »fortführung der bautradition« ist baugeschichtlich treiben. 

 

diese funktionell-biologische auffassung des bauens als einer gestaltung des lebensprozesses führt mit folgerichtigkeit zur reinen konstruktion: diese konstruktive formenwelt kennt kein vaterland. sie ist der ausdruck internationaler baugesinnung. internationalität ist ein vorzug der epoche.

 

die reine konstruktion ist grundlage und kennzeichen der neuen formenwelt. 

die neue zeit stellt dem neuen hausbau ihre neuen baustoffe zur verfügung: 

Marianne Brandt, Rasierspiegel  ©VG Bild Kunst, Bonn 2019

die neue siedlung vollends ist als ein endziel der volkswohlfahrt ein bewusst organisiertes gemeinkräftiges werk, in welchem auf einer integral-genossenschaftlichen grundlage die kooperativkräfte und individual­kräfte zum gemeinkräftigen ausgleich kommen. die modernität dieser siedlung besteht nicht aus flach­dach und vertikal-horizontaler fassaden-aufteilung, - sondern in ihrer direkten beziehung zum mensch­lichen dasein. in ihr sind die spannungen des individuums, der geschlechter, der nachbarschaft und der gemeinschaft und die geopsychischen beziehungen überlegen gestaltet.

 

bauen heißt die überlegte organisation von lebensvorgängen. 

 

bauen als technischer vorgang ist daher nur ein teilprozeß. das funktionelle diagramm und das ökonomische programm sind die ausschlaggebenden richtlinien des bauvorhabens. 

bauen ist keine einzelaufgabe des architekten-ehrgeizes mehr.

 

bauen ist gemeinschaftsarbeit von werktätigen mit erfindern. nur wer als meister in der arbeitsgemein­schaft anderer den lebensprozeß selbst meistert, ... ist baumeister.

 

bauen wird so aus einer einzelangelegenheit von einzelnen (gefördert durch arbeitslosigkeit und wohnungsnot), zu einer kollektiven angelegenheit der volksgenossen.

 

bauen ist nur organisation: soziale, technische, ökonomische, psychische organisation. 

asbest

azeton

casein

trolit

tombak​

ripolin
viscose
eternit
goudrom
kanevas

stahl-beton
kunstgummi
kunstleder
zell-beton
woodmetall​

si-stahl

kaltleim

gasbeton

rollglas

xelotekt​

aluminium
euböolith
sperrholz
kautschuk
torfoleum​​

drahtglas
presskork
kunstharz
kunsthorn
kunstholz​

7. wohnhygiene

8. autowartung

9. kochbetrieb

10. erwärmung

11. besonnung

12. bedienung

4. gartenkultur

5. körperpflege

6. wetterschutz

1. geschlechtsleben

2. schlafgewohnheit

3. kleintierhaltung

bauhaus zeitschrift für gestaltung 4

1928​

 

herausgeber: hannes meyer

schriftleitung: ernst kállai

diese bauelemente organisieren wir nach ökonomischen grundsätzen zu einer konstruktiven einheit. so erstehen selbsttätig und vom leben bedingt die einzelform, der gebäudekörper, die materialfarbe und die oberflächenstruktur

 

(gemütlichkeit und repräsentation sind keine leitmotive des wohnungsbaues. 

die erste hängt am menschenherzen und nicht an der zimmerwand ... die zweite prägt die haltung des gastgebers und nicht sein perserteppich!) 

 

architektur als »affektleistung des künstlers« ist ohne daseinsberechtigung. 

architektur als »fortführung der bautradition« ist baugeschichtlich treiben. 

 

diese funktionell-biologische auffassung des bauens als einer gestaltung des lebensprozesses führt mit folgerichtigkeit zur reinen konstruktion: diese konstruktive formenwelt kennt kein vaterland. sie ist der ausdruck internationaler baugesinnung. internationalität ist ein vorzug der epoche.

 

die reine konstruktion ist grundlage und kennzeichen der neuen formenwelt

die neue siedlung vollends ist als ein endziel der volkswohlfahrt ein bewusst organisiertes gemeinkräftiges werk, in welchem auf einer integral-genossenschaftlichen grundlage die kooperativkräfte und individual­kräfte zum gemeinkräftigen ausgleich kommen. die modernität dieser siedlung besteht nicht aus flach­dach und vertikal-horizontaler fassaden-aufteilung, - sondern in ihrer direkten beziehung zum mensch­lichen dasein. in ihr sind die spannungen des individuums, der geschlechter, der nachbarschaft und der gemeinschaft und die geopsychischen beziehungen überlegen gestaltet.

 

bauen heißt die überlegte organisation von lebensvorgängen. 

 

bauen als technischer vorgang ist daher nur ein teilprozeß. das funktionelle diagramm und das ökonomische programm sind die ausschlaggebenden richtlinien des bauvorhabens. 

bauen ist keine einzelaufgabe des architekten-ehrgeizes mehr.

 

bauen ist gemeinschaftsarbeit von werktätigen mit erfindern. nur wer als meister in der arbeitsgemein­schaft anderer den lebensprozeß selbst meistert, ... ist baumeister.

 

bauen wird so aus einer einzelangelegenheit von einzelnen (gefördert durch arbeitslosigkeit und wohnungsnot), zu einer kollektiven angelegenheit der volksgenossen.

 

bauen ist nur organisation: soziale, technische, ökonomische, psychische organisation. 

junge menschen!

 

was sucht ihr an den kunstakademien?

kommt ans bauhaus!

 

das bauhaus, hochschule für gestaltung in dessau, leitung hannes meyer, beginnt sein wintersemester am 30. oktober (1928).

 

lehrgänge:

gestaltungslehre, werkstattlehre, architektur, reklame und druckerei, bühne. tischlerei, weberei, wandmalerei, metallwerkstatt, freie malerische und plastische gestaltung.

 

lehrkräfte:

l. feininger, w. kandinsky,

p. klee, hannes meyer,

o. schlemmer, j. albers,

h. scheper, j. schmidt,

gunta stölzl, h. wittwer,

m. stam, zwei ingenieure,

drei dozenten im nebenamt,

zwei dozenten für sport.

 

zugelassen sind:

auch ausgebildete handwerker, techniker und architekten.

 

aufnahmegebühr 10.- rm.

1. und 2. semester je 60.- rm.

 

nähere bedingungen

durch das bauhaus-sekretariat, dessau.